Nahversorgungszentrum Erlangen Eltersdorf

Geladener Realisierungswettbewerb

Titel:
„Nahversorgungszentrum“ Erlangen Eltersdorf

Auftraggeber:
S&P Group
Sebastienstrasse 31
91078 Erlangen

Leistung:
Geladener Realisierungswettbewerb

Ausführungszeit:
2022

Geschossfläche:
Wohnen:                7.025 m2   –  86 Wohneinheiten (gefördert + ff)
Dienstleisteung:   1.023 m2
Vollsortimener:    1.800 m2
Parken Vollsortimenter:             60
Parken Wohnen/Dienstleister:  68
Park & Ride:                                 25

Interpretation und Konzept zur Aufgabenstellung

Infrastrukturelle Knotenpunkte (hier: S-Bahnhalt + Ausfallstrasse eines Ortsteiles) werden zu den neuen Orten potentiell integrativer Bauwerke der Mobilität, des Handels und (dies ist hier ein Glücksfall) des von beiden genannten Strukturen profitierenden Wohnens.

Oftmals steht das wirtschaftlich umsetzbare große Programm- und damit Bauvolumen der kleinteiligen Körnung des städtebaulichen Kontextes im Grunde entgegen. Aus Sicht der Entwurfsverfasser besteht die Herausforderung a) (Mobilität:) in der Schaffung eines funktionierenden „Hubs“ für wechselnde Verkehrsmittel , b) (Handel:) der Konzeption einladender Handels- und Gewerbeflächen und c) (Wohnen:) attraktiven Wohnraumes

im d) jeweiligen örtlichen Kontext.

Zwischen diesen vier Kriterien sind Abwägungen und Kompromisse im strukturellen Konzept zu definieren und umzusetzen. Ziel ist die Nutzungen Handel, Wohnen, Park & Ride zu verweben und zugleich ohne Überschneidungen zu strukturieren.

Von besonderer Bedeutung ist die Situierung des Nahversorgers, seine möglichst uneingeschränkte Funktionalität und die Umsetzung seiner potentiellen Impulse in das unmittelbare Umfeld.

Wir schlagen eine Vorortung in der Höhenlage vor, die der spezifischen Situation des um nahezu ein Geschoß fallenden (Wein-) Strassen und Rad- und Fußwegeverlaufes Rechnung trägt: Der Nahversorger (Vollsortimenter) soll auch im nördlichen Bereich zur Weinstrasse Präsenz ausstrahlen und einladend wirken, somit wird er ebenengleich mit und offen zur Strasse situiert.

Resultierend bietet der Einblick vom öffentlichen Raum (mit Gehweg und Bushaltestelle) der neuen Erschliessungsstrasse einen uneingeschränkten Eindruck und Übersicht auf den Markt.

Unter Zugrundelegung dieser (Höhen-)Lage und Wahrung seiner Funktionalität schliesst sich eine Unterbauung mit einer Tiefgarage und den resultierenden Erschliessungskernen für das Anwohnerparken aus. Dem Beispiel vergleichbarer Projekte (Häuser auf Stützen) folgend liegen die Parkplätze, Abstellräume etc. des Wohnens zwischen dem Nahversorger und dem eigentlichen Wohnen.

Es entsteht ein über zwei vertikale Erschliessungen erreichbares 1. Obergeschoss, Deck, das wir über seine reine Funktion der Erschliessung der vier Treppenhäuser als „grünes“, der Allgemeinheit zugängliches „Sonnendeck“ verstehen und gestalten.

Die den Lärmimmissionen ausgesetzte östliche Seite des Baus nutzt die zu den Bahngleisen günstig gelegene Ebene über den Abstellräumen für, durch entsprechende Lärmschutzmaßnahmen optimiert, einen ruhigen, dem Aufenthalt und Kinderspiel gewidmeten Freibereich.

Darüber formen drei reine Wohngeschosse und die Akzentuierung des Kreuzungsbereiches im Norden zur S-Bahn das Volumen des Baukörpers. Die „Kammstruktur“ bildet vier zurückspringende Hofsituationen zur Erschliessungsstrasse und einen durch Vorsprünge rhythmisierten Rücken zur Bahn. Alle Abstandsflächen bleiben auf öffentlichem Grund.

Mobilität

… und ihre Situierung in die geplanten Strukturen münden in eine integrierte Lösung. Besonderer Wert wird auf eine attraktive Erschliessung und Verortung der Park & Ride Stellplätze gelegt. Den Anforderungen der Parkierung von Lastenfahrrädern als zunehmende Alternative zum PKW wird Rechnung getragen. Um sowohl den Vorplatz im Norden als auch die zur Weinstrasse orientierte Gebäudeseite nicht mit Fahrradstellplätze zu belasten wird die Parkebene auf dem Strassenniveau der Erschliessungsstrasse als längliche Spange mit der Zusatzfunktion der Vernetzung der PKW-P&R-Stellpätze verortet. Ein- und Ausblicke vom und in den Nahversorger können Synergieeffekte (auch: Sicherheit)bewirken. Alle P+R-Nutzer gelangen trockenen Fußes nahezu bis zur Unterführung der Weinstrasse.

Durch das Mobilitätskonzept des Hubs können MIV-Stellplätze reduziert werden (resultierender Schlüssel Wohnen und Gewerbe ca. 0,7 Stpl. /Wohnung bzw. 35 m2 Gewerbefläche). Faktoren sind:

  • Lage am S-Bahnhaltepunkt
  • Busanbindung
  • Carsharingangebot (eigene Fläche im Erdgeschoß)
  • Stellplätze für E-Lastenbikes auf der Ebene +1

Nahversorger_Vollsortimenter 

Die Anlieferung funktioniert überschneidungslos im Einbahnerschliessung. Eine über die PKW-Nutzung hinaus für Dreiachser 12 -26 to) ausgelegte Zufahrtsrampe führt zur Anlieferungsstrasse und dem eingehausten Anlieferbereich des Nahversorgers. Die Ausfahrt erfolgt über die Weinstrasse zum Kreisverkehr (Wenden zur Weiterfahrt nach Osten).

60 PKW_Stellplätze (incl. sechs Eltern- und Behindertenstellplätze) sind ebenengleich zum Einzelhändler situiert. Ein Backshop an der Bushaltestelle im Erdgeschoß signalisiert den Zugang zum Nahversorger von der Erschliessungsstrasse. Von dort, wie von der Westfassade sind einladende Einblicke in den Markt möglich. Das vorgeschlagene Flächenlayout basiert auf der Musterplanung Green Building, Typ C der Rewe-Kette.

Potentiell kann der Markt zugleich von der Weinstrasse erschlossen werden. Zukunftskonzepte mit mehreren Eingängen (kassenlos, Pick & Go) können umgesetzt werden.

Wohnen_

Der größte Teil der Wohnungen wird durch vier sechsspännige Treppenhäuser erschlossen.

Dem geforderten Flächenmix, den Wohnungsgrößen und den einschlägigen Anforderungen an die Barrierefreiheit wird Rechnung getragen. Der Großteil der 86 Wohnungen (75 %) orientiert sich nach Westen zum „Sonnendeck“.

Belichtung und Belüftung der Aufenthaltsräume der nach Osten zum intensiv begrünten Freibereich orientierten Wohnungen erfolgen über Lärmschutzloggien.

Die EOF-Wohnungen befinden sich im kompletten 2.OG, sowie zu kleinen Teilen im 3.OG und 4.OG.

Die vorgeschlagene Konstruktionsweise Stahlbetonskelett mit Holzfassadenkonstruktionen erlaubt einen flexiblen Umgang und Anpassung des Wohnraumes.

Immissionschutz

Die Lüftung der Aufenthaltsräume der nach Osten zur Bahnlinie orientierten Wohnungen, erfolgt über die Loggien mit verglasten Dreh-Schiebeelementen.

Alle nach Osten orientierte Loggien erhalten zusätzlich verglaste Dreh-Schiebeelemente.

Private Dachterrassen erhalten erhöhte Glasbrüstungen (Höhe ca. 2,00 m) nach Erfordernis.

Gestaltung und Gliederung

Die Bebauung gliedert sich in die Basisbebauung mit Nahversorger, seinen zugehörigen Park- und Erschliessungsflächen und dem P&R Hub in Sockel- und Erdgeschoß, sowie den Aufbau mit der Wohnnutzung. Durchdrungen werden die Bereiche durch die durchgehende Stahlbetonskelettstruktur.

Diese ist in der erwähnten Basiszone ohne „Kaschierung“ gestaltprägend. Eine verhältnismäßig „rohe“ Gestaltung der weitgehend sichtbaren Tragkonstruktionen von Decken, Scheiben und Stützen lässt Raum für die eigene und sich möglicherweise wandelnde Ästhetik des Nahversorgers. Im Sinne des Verfassers sollen Einzelhandel und „Hub“ durch eine transparente und technische Ästhetik, sichtbarer Beton, Stahl und Glas geprägt sein. Die Wohnüberbauung soll durch die Verkleidung mit holzbasierten Tafelelementen (z.B. technisch modifiziertes Accoya-Holze) dem Fassadenbau durch Holzkonstruktionen konsequent vermitteln.

Nachhaltige Konstruktion UND WirtschaftlichKeit

Die Konstruktion des neuen Wohngebäudes mit Parkebenen und Nahversorger in den unteren Geschossen ist als Hybridbauweise mit Holzvollfertigteilkonstruktionen für die Fassadenebenen und nicht tragenden Trennwände sowie Stahlbeton für die Deckenscheiben und die primär lastabtragenden vertikalen Bauteile konzipiert.

Die Stahlbetonbauteile gewährleisten neben dem reinen Lastabtrag ausreichenden Schall- und Brandschutz ohne zusätzliche baukonstruktive Maßnahmen mit geringen Konstruktionshöhen. Hieraus ergibt sich für diese Bauteile unter Berücksichtigung der hohen Lasten auf Grund der Geschossigkeit und des langen Lebenszyklus eine sehr nachhaltige und robuste Bauweise. Bei den Fassadenkonstruktionen und nicht tragenden Trennwänden für die ein kürzerer Lebenszyklus zu betrachten ist, ergibt sich die Nachhaltigkeit durch die Materialwahl und Vorelementierung.

Die Decken liegen unterzugsfrei als Flachdecken linienförmig auf den Wohnungstrennwänden und Gebäudekernen auf. Zusätzliche notwendige Unterstützungen werden durch schlanke, in den Grundrissen integrierte Stahlbetonstützen hergestellt.

Die Abfangung der Lasten aus den Wohngeschossen über den Parkebenen erfolgt effizient mit geschosshohen Stahlbetonwandscheiben im 1. und 2. Obergeschoss, die ihre Lasten auf die Stahlbetonstützen im neuen Raster in den darunterliegenden Geschossen abgeben. Zusätzlich werden die Decken im Bereich der Gründecks mit nach oben angeordneten Rippen versteift. Diese Unterzüge werden vom Substrat überdeckt, treten so nicht in Erscheinung und erzeugen keine zusätzliche Geschosshöhe.

Ausgesteift wird das Gebäude über die massiven Gebäudekerne in Verbindung mit den als Scheiben wirkenden Geschossdecken. Die Gründung erfolgt mit einer elastisch gebetteten Stahlbetonbodenplatte mit Verstärkungen im Bereich konzentrierter Lasteinleitungen. Die Bodenplatte und die Wände des Untergeschosses sind als WU-Konstruktion konzipiert.

Im Bauablauf werden sämtliche Stahlbetonbauteile vor Einbau der Holzkonstruktionen realisiert. Durch die hierdurch klar definierte konstruktive und terminliche Schnittstelle zwischen den Gewerken sowie der Vermeidung einer gewerkeübergreifenden parallelen Bauausführung wird ein reibungsloser Bauablauf sichergestellt. Gleichzeitig ermöglicht die vorgesehene Konstruktion einen hohen Vorfertigungsgrad und den Einsatz typisierter Bauelemente, so dass ein wirtschaftlicher, zeitlich optimierter und effektiver Bauablauf realisiert werden kann.

Energetisches Konzept_Green Building_DGNB Zertifizierung

 

Den Säulen des DGNB Systems wird in besonderem Maße Rechnung getragen.

Die ökologische Qualität wird durch das vorgeschlagene Energiekonzept (Wärmepumpe Gasbrennwert und Abwärmenutzung) getragen. Auf den Dachflächen sind Bereiche für Photovoltaik/Solarthermie vorgesehen.

Gartenbewässerung und Toilettenspülung werden durch Regenwassernutzung versorgt.

Die ökomomischen Anforderungen bedient ein äusserst sparsames und nachhaltiges und dauerhaft flexibles Struktur- und Konstruktionskonzept (wie beschrieben) in Erstellung und Unterhalt.

Die soziokulturellen und funktionellen Standards werden durch die Freiraumplanung, die gemeinschaftlich nutzbaren Freibereiche und die Optimierung der infrastrukturellen Hubfunktion unterstützt.

Die technische Qualität wird u.a. durch konsequent vertikale haustechnischen Erschließungssysteme, durchgehaltene und angemessene Tragstrukturen und „durchgehalten“ Wohnungsgrundrisse sowie die Erfüllung angemessener technischer Standards sichergestellt.